Vom Farbcode #B99BC5 und Elfen-Krokusviolett

„Veronika, der Lenz ist da

Mädchen lacht, Jüngling spricht

„Fräulein, wollen Sie oder nicht

Draußen ist Frühling“

Der Poet, Otto Licht

Hält es jetzt für seine Pflicht

Er schreibt dieses Gedicht

Veronika, der Lenz ist da“*

Quelle: Anna-Lena Meyer

Es ist Frühling - zumindest meteorologisch gesehen.

Doch nach all dem Regen, den Stürmen und grauen Tagen, wirkt es trotz des anhaltenden Nachtfrostes auch tatsächlich wie Frühling. 
Die Sonne lacht vom Himmel, hier und da kann man bereits einige unverbesserliche Exemplare sichten, die sich trotz kalter Temperaturen bereits in Shorts nach draußen wagen und die Krokusse geben alles, um uns und vor allem die summenden Königinnen zu erfreuen.
Denn auch die jungen Hummel-Königinnen spüren, dass der Frühling kommt. Sobald das Thermometer über null Grad klettert und die Sonne den Boden erwärmt, krabbeln sie voller Elan aus ihren Überwinterungsquartieren. Als erste Hummelarten lassen sich ab März häufig Wiesenhummel, Dunkle Erdhummel und Ackerhummel beobachten.**

Meine Frühjahrsfarbe lag also eindeutig auf der Hand - ein helles Krokusviolett.

Quelle: Anna-Lena Meyer

Überall stehen also nun die aberwitzigen, dem Frost trotzenden Elfen-Krokusse in voller Blüte und während ich mich an den zig Krokussen um mich herum kaum satt sehen kann, fiel mir auf, dass diverse Frühblüher einen ähnlichen Farbton aufweisen - zB Lenzrosen, Duftveilchen oder auch die Knospen an einigen Büschen und Sträuchern.
Warum Violett im Frühjahr so häufig vertreten ist, weiß ich nicht genau und konnte bei einer oberflächlichen Onlinesuche auf die Schnelle auch nichts dazu finden, aber da natürliche Prozesse selten auf Zufall beruhen, könnte ich mir vorstellen, dass es mit den Hummeln zusammenhängt.
Schließlich leben die Tierchen vor allem im Frühling als erste Bestäuber in direkter Korrelation mit den Frühblühern. Interessant ist auch, dass bei den plüschigen Wildbienen die Farbrezeptoren deutlich schneller als bei anderen Tieren arbeiten, was ihnen die Nahrungssuche inmitten der vielen Pflanzen stark erleichtert. Sie haben laut Forschern sogar die schnellste Farbsicht aller Tiere.*** Also könnte Violett vielleicht besonders attraktiv für Hummel sein.

Das ist allerdings nur eine sehr fixe Idee von mir gewesen, die auf keinerlei wissenschaftlichen Forschungen oder Studien beruht.

Quelle: Anna-Lena Meyer

Nach dieser kurzen Exkursion in die Flora, Fauna und Neurowissenschaft, kümmern wir uns nun also lieber wieder um das „Elfen-Krokusviolett“, als pseudowissenschaftliche Thesen aufzustellen.

Während ein dunkles Violett eher eine mystische, extravagante und geheimnisvolle Wirkung hat, werden helle Violett-Nuancen weitaus lieblicher wahrgenommen.
Sie stehen unter anderem für die vermeintlich fragile Schönheit, was natürlich sehr gut zu den lieblichen, aber robusten Frühblühern passt.
Die bekanntesten Hellviolett-Töne sind wahrscheinlich Flieder und definitiv Mauve (Wilde Malve).

Mauve war eine der bedeutendsten Farben für die Modewelt Mitte des 19. Jahrhunderts.
Verantwortlich dafür war der Chemiker William Henry Perkin, der den ersten künstlichen Anilinfarbstoff entdeckte, das Mauvein. Die Revolution in der Farbindustrie! Kurze Zeit später wurden auch schon die ersten Stoffe in Mauve eingefärbt und die Herrscherhäuser Europas ließen sich nicht lang bitten. Ob Eugénie oder Queen Victoria - wer was auf sich hielt- trug künstlich gefärbte Kleidung und allen voran ein helles Violett (Mauve). Und da Trends damals wie heute nicht nur in der Mode verweilten, sondern auch ihren Weg in die Gemächer der Damen und Herren fanden, hatte Mauve nun auch seinen Platz in der viktorianischen Einrichtung - von Lampenschirmen, über Tapeten bis hin zum Außenanstrich. Allerdings war die Farbe des Exterieurs zurückhaltender als die im Interieur. Viele violette viktorianische Häuser, die man heute sieht, sind oftmals hoch pigmentiert, was historisch in den meisten Fällen wohl eher nicht korrekt ist. Damals wurden Erdtöne für den Anstrich bevorzugt und ein pudriges Hellviolett war schon sehr mutig.

Wenn man sich solch einen Farbton nun in die eigenen 4 Wände holt und nicht zu einem viktorianischen Stil neigt, ist natürlich Obacht geboten, aber selbst wenn man einen romantischen Einrichtungsstil bevorzugt, sollte man trotzdem vorsichtig sein, dass es nicht zu kitschig wird. Für Maximalisten ist Mauve allerdings eine fantastische Grundlage - vor allem in großrahmigen Mustern auf Tapeten, bietet die Farbe viel Freiraum zum kombinieren. Mir persönlich gefällt die Kombination mit kräftigeren Farbtönen wie Petrol, Smaragd oder auch Ockergelb besonders gut. Als Farbtupfer in der skandinavischen Einrichtungswelt ist sie aber auch nicht fehl am Platz, da ihre Pudrigkeit fantastisch zu den Beige- und Grautönen passt.

Quelle: Farrow&Ball Tapete „Lotus“

Ich hoffe, dieser Artikel hat Sie nun nicht nur dazu motiviert ein paar Krokusse fürs nächste Jahr zu pflanzen, sondern sich auch mutig ein paar Frühjahrsakzente in Mauve oder besser noch in Elfen-Krokusviolett ins Haus zu holen.

Sollten Sie übrigens ähnlich viel Zeit bei Pinterest verbringen wie ich, schauen Sie doch mal auf meinem Kanal vorbei. Als visueller Mensch scrolle ich gerne mal durch „meine“ Pins für den aktuellsten Artikel oder ein Projekt und so manches Mal entsteht dabei sogar ein eigenes Board, wie in diesem Fall auch.
https://pin.it/2kL9Q4A
Manche Pins sind dabei mehr on Point als andere, aber sie leiten mich dann jeweils zu passenderen Pins weiter und können wiederum hilfreich für den nächsten Artikel oder das nächste Projekt sein. Viel Spaß beim Einblick in meinen Arbeitsprozess.

Wenn Sie generell gerne mehr lesen wollen: Alle 3 Monate schreibe ich hier zu den Themen Design, Umwelt, Reisen oder eben auch zu Hummeln und Trends des 19. Jahrhunderts.
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*Quelle: Aus dem Foxtrott „Veronika, der Lenz ist da“ von Walter Jurmann und Fritz Rotter
**Quelle: https://www.deutschewildtierstiftung.de
*** Quelle: "Journal of Neuroscience"
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